In ländlichen Regionen einen Facharzt-Termin zu bekommen ist in den letzten Jahren zu einer echten Herausforderung geworden. Oft wartet man monatelang auf die Möglichkeit einen Kardiologen, Augenarzt o. ä. konsultieren zu dürfen; nicht selten kommt nicht einmal ein telefonischer Kontakt zustande. Um hier Abhilfe zu schaffen, hat sich die ärztliche Selbstverwaltung zwei Hilfsmittel ausgedacht:
Schon länger gibt es die Terminservicestelle (TSS) die unter der Nummer 116117 bzw. im Netz unter https://www.116117.de erreichbar ist. Hier kann man mit einem hausärztlichen Vermittlungscode einen vergleichsweise kurzfristigen Facharzt-Termin erhalten. Diesen Code erhalten Sie in Ihrer Hausarztpraxis, sofern eine Dringlichkeit erkennbar ist.
Relativ neu ist der so genannte Hausarztvermittlungsfall (HAVF): Seit 2023 kann die Terminvermittlung beim Facharzt direkt vom Hausarzt übernommen werden. Voraussetzung dafür ist auch hier die Dringlichkeit (mehr dazu weiter unten). Dies funktioniert bisher sehr gut und es gelingt uns die meisten Patient:innen kurzfristig in einer Facharztpraxis unterzubringen. ABER: In letzter Zeit ist zu beobachten, dass manche Patient:innen dazu neigen, ihren gesamten fachärztlichen Organisationsbedarf in unsere Hände legen zu wollen. Das funktioniert natürlich nicht! Die KV Niedersachsen definiert den Hausarztvermittlungsfall wie folgt:
»Dringend behandlungsbedürftige Fälle, bei denen der Behandlungsbeginn beim Facharzt spätestens am 4. Kalendertag nach der Feststellung der Behandlungsnotwendigkeit durch den Hausarzt erfolgt, sollten als Hausarztvermittlungsfall vom Hausarzt an den Facharzt überwiesen werden.«
Das trifft zum Beispiel zu, wenn ein akutes Krankheitsbild kurzfristig abgeklärt werden muss oder die Erkrankung aufgrund von Schmerzen oder anderen Einschränkungen eine dringliche Behandlung erforderlich macht. Immer öfter treten Patient:innen jedoch an uns heran, um Routinekontrollen oder die Abklärung bereits monatelang bestehender Beschwerden von uns organisieren zu lassen; auch selbst gestellte Facharzt-Indikationen (»Ich möchte mal zum Kardiologen«) sollen als HAVF abgewickelt werden. Dazu möchte ich ganz klar feststellen: Eine Arztpraxis ist kein Sekretariat und die Vermittlung von Terminen ohne Dringlichlkeit ist nicht unsere Aufgabe. Erschwerend kommt hinzu, dass jeder vermittelte Fall, der nicht den Kriterien entspricht, die ohnehin problematischen Kapazitäten der Fachärzt:innen weiter beansprucht und es somit schwieriger wird, die wirklich dringlichen Fälle kurzfristig unterzubringen. Ich wage zu prognostizieren, dass das im Moment noch gut funktionierende HAVF-Modell über kurz oder lang zusammenbricht, weil es immer mehr Menschen mit weniger dringlichen Anliegen in Anspruch nehmen. Um dies zu vermeiden oder wenigstens hinauszuzögern ist es daher unvermeidlich genau zu prüfen, ob ein Facharzt-Anliegen wirklich die o. g. Kriterien der Dringlichkeit erfüllt. Ist dies nicht der Fall, dann ist ein HAVF leider nicht möglich und es bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als sich selbst ans Telefon zu setzen.