Hurraaaa, das deutsche Gesundheitswesen – im internationalen Vergleich noch in der Steinzeit der Digitalisierung – versucht den nächsten Schritt in Richtung 21. Jahrhundert. Und zwar mit dem elektronischen Rezept (E-Rezept oder eRezept).
Was bedeutet das für Sie als Kassenpatient*in?
- Der rosa Zettel, den Sie bisher als Rezept für Ihre Medikamente bekommen haben, wird abgeschafft (Ausnahmen siehe unten)
- Verordnungen erfolgen künftig über eine datenschutzkonforme Cloud (keine echte Wolke sondern viele Computer, die irgendwo hinter verschlossenen Türen stehen), d. h. Sie können Ihr »Rezept« künftig ohne schriftliches Dokument in jeder deutschen Apotheke einlösen, da alle Beteiligten Zugriff auf die Verordnung haben
- Zur Einlösen brauchen Sie entweder Ihre Versichertenkarte oder eine App (Link zur App). Kleiner Tipp: Die offizielle App ist alles andere als bedienungsfreundlich; z. B. muss man sich ständig über eine weitere App, nämlich die der eigenen Krankenversicherung, neu anmelden. Es ist also sinnvoll, die Versichertenkarte künftig IMMER im Geldbeutel dabei zu haben. Achten Sie auch darauf, eine aktuelle Karte zu haben, viele laufen noch mit abgelaufenen Karten ohne entsprechende Funktion herum!
- Wenn Sie weder über die App noch über eine gültige Versichertenkarte verfügen, bekommen Sie einen Papierausdruck mit QR-Code (also im Prinzip ein Rezept wie früher, nur eben größer und umständlicher, made in Germany eben.)
So könnte es beispielsweise ablaufen (gilt nur für gesetzlich versicherte Patient*innen):
- Sie gehen zum Arzt, weil Sie Beschwerden beim Wasserlassen haben
- In der Praxis wird eine bakterielle Blasenentzündung festgestellt
- Der Arzt entscheidet, dass Sie ein Antibiotikum benötigen und verordnet Ihnen ein solches
- NEU: Sie bekommen kein Papier-Rezept wie in der guten alten Zeit, sondern nur einen Besserungswunsch vom Personal
- NEU: Der Arzt schickt ein Datenpaket an einen datenschutzkonformen zentralen Service, das die Information über Ihre Verordnung enthält
- Sie gehen in irgendeine Apotheke in Deutschland – um die Ecke, in 20 km Entfernung oder auch online (wenn Sie es nicht eilig haben)
- NEU: Sie lassen in der Apotheke ihre Versichertenkarte einlesen oder zeigen Ihre App vor
- NEU: Die Apotheke ruft Ihre Verordnungsdaten vom datenschutzkonformen Server ab
- Sie erhalten Ihr Medikament, sofern es lieferbar ist und nicht zu jenen Präparaten gehört, die aus wirtschaftlichen Gründen in Deutschland phasenweise nicht verfügbar sind
Und wie funktioniert die App?
Bitte haben Sie Verständnis dafür, das ich oder meine Mitarbeiterinnen unsere ohnehin schon knappe Zeit nicht darauf verwenden können, jedem unserer Patienten die Funktionsweise der App (hier nochmal der Link) zu erläutern. Je nach zuständiger Krankenversicherung sind unterschiedliche Schritte zur Aktivierung nötig. Wenn Sie Fragen hierzu haben, wenden Sie sich bitte an Ihre Krankenkasse.
Wer sich die Funktionsweise des E-Rezeptes nochmal als Video ansehen möchte, kann das auf der Seite der Gematik tun (das ist die »Nationale Agentur für Digitale Medizin«, der Verein, der für die Umsetzung der digitalen Gesundheitsdanwendungen verantwortlich ist).
Gibt es auch Ausnahmen?
Na klar, wie immer, wenn in Deutschland jahrelang für zig Millionen Euro an einer Lösung getüftelt wurde, ist sie bei Markteinführung natürlich noch nicht ausgereift. Noch nicht als E-Rezept gibt es folgende Verordnungen:
- Heilmittel (z. B. Gehhilfen, Inkontinenzprodukte etc.)
- Betäubungsmittel (das gelbe Rezept mit den Durchschlägen)
- Grüne Rezepte (die ärztliche Empfehlung eines rezeptfreien Medikaments)
Und was ist mit Privatpatient*innen?
Für diese gibt es theoretisch auch E-Rezepte, da sie aber i. d. R. keine Versichertenkarte haben, müssen Sie sich erst mit ihrer Versicherung in Verbindung setzen und/oder eine spezifische App nutzen. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir die unterschiedlichen Ansätze der jeweiligen Versicherungen nicht im Detail erklären können. Sicher steht Ihnen Ihre Versicherung gerne mit Rat und Tat zur Seite.